Wann ich ihn zum ersten Mal einen gesehen hab, weiss ich nicht mehr. Der erste Eindruck – es war ein RN45 – ist aber im Gedächtnis geblieben: Hat der eine Riesen-Bodenfreiheit! Das war zu einer Zeit, als ich selbst noch lange nicht Auto fahren durfte. Aber gezeichnet hab ich solche Autos. Und davon geträumt. In Zeitungen davon gelesen.
Irgendwann hab ich dann einen Hilux als Plastik-Modellbausatz bekommen. Den hatte ich rot lackiert. Die aktuelle Recherche im Keller hat leider ergeben, dass zur Ersatzteilgewinnung irgendwann einige Sachen ausgebaut wurden. Aber definitiv: Wenn man ihn von vorne angesehen hat, war das komplette Achsrohr zu sehen – wie auch beim Original, natürlich. Ein fast unendlicher Rampenwinkel vorne ergab sich dadurch. Das Modell war ohne Stoßstange hinten, so dass die Geländewerte viel besser waren als bei all meinen anderen Modellautos. Um so größer die Enttäuschung, als ich erstmals bei einem Skiausflug in Österreich bei einem Hüttenwirt einen Hilux „live“ gesehen hab: der hatte eine Anhängevorrichtung montiert, die aussah, als ob ein Krankonstrukteur eine nach unten reichende Abstützvorrichtung gebastelt hätte. Klar, das ging nicht anders – irgendwie musste der Kugelkopf auf eine Höhe, in der die Anhänger waren.
Später dann festigten zwei filmische Erlebnisse meine Pickup-Verbundenheit: einmal die Serie „Ein Colt für alle Fälle“ mit dem hochgelegten GMC-Pickup. Wobei ich da schon kapiert hatte, dass das nicht ganz alles mit rechten Dingen zugehen konnte, wenn Colt Seavers einen Porsche Turbo auf einer Landstraße überholte. Noch emotionaler wurde es Mitte der achziger Jahre im Kino: bei den „Zurück in die Zukunft“-Filmen spielte ein schwarzer Hilux eine mittragende Nebenrolle. Mann, war das Auto schön. Aber damals unerreichbar.
Ein paar Jahre später, mit den LN85, kamen die Hilux dann in meinem echten Leben an. Leider ohne Starrachse vorne – aber mit ganz viel Spaß am Fahren und Benutzen. Eine der intensiveren Erfahrungen der neunziger Jahre: alleine, ohne Beifahrer, mit dem 2,4 ltr. Saugdiesel und heißblütigen 75 Pferden mit dem Anhänger nach Spanien, in die Nähe von Alicante, einfache Strecke über 2000km. Dort ein Auto mit Automatikgetriebeschaden aufgeladen und wieder zurück. Dem Hilux wars völlig egal, die 2000km nach Hause waren ausnahmslos mit Vollgas-Stellung zu absolvieren – bergab in Sachen Geschwindigkeit an der Grenze der Legalität, bergauf haben mich die LKW’s öfter mal wieder erwischt. Es konnte schon vorkommen, dass Autobahnsteigungen mit dem dritten Gang kaum noch zu packen waren. Der Hilux hat alles ausgehalten und musste gleich wieder im Geschäft los, ich war nach den drei Tagen Fahrerei noch drei Tage lang völlig fertig.
Wie gesagt, Respekt vorm Hilux. Wir fahren seit 2005 einen 2,5 ltr. Xtracab ohne Ladeluftkühler, mit 102 PS – der zieht jetzt seit deutlich über 200000km ohne Murren Tag für Tag den Autoanhänger, schleppt verunfallte Autos ab oder zieht bei glatter Strasse schon öfter mal jemand aus dem Graben.
Jetzt kommen wir zur aktuellsten Version mit dem derzeit einzigen in Europa für den Hilux offiziell erhältlichen Motor, dem 2,3 ltr. GD-16-Ventil-Diesel. Er leistet 110kW (150PS) und stellt rund 400Nm Drehmoment bereit. In der „Duty“-Ausführung werden die an die Hinterachse per manuellem 6-Gang-Getriebe weitergeleitet. Ist das zu wenig oder ausreichend? Ich finde: sehr ausreichend! Das Auto geht in Sachen Beschleunigung mindestens genauso gut wie ein als „legendär“ bekannter HDJ80 Landcruiser. Und kostet als Neuwagen kaum mehr als so ein altes Liebhaberstück.
Apropos Kosten: So ein „Duty“ hat alles, was man zum Fahren braucht, und noch etwas mehr. Wenn man das Paket mit Klimaanlage und (Sicherheit muss einfach sein) Safetysense-Paket nimmt, kann man so einen XtraCab-Hilux mit den praktischen, gegenläufig öffenden Türen schon als Tageszulassung oder Vorführwagen unter 30000 Euro bekommen! Deutlich billiger als z.B. ein RAV4. Nichts gegen den RAV4, aber da steht Blechspielzeug gegen legendär haltbare Hilux-Qualität! Natürlich ist auch ein moderner Hilux nicht ganz unzerstörbar, er muss halt auch einiges an Elektronik aufbieten, um aktuelle Schadstoff- und Sicherheitsnormen zu erfüllen. Und prinzipiell sind die unvermeidlichen Clips und Klammern im Auto die gleichen wie z.B. bei einem Prius, beim Hilux sträuben sie sich aber irgendwie zäher gegen das Abreissen. Alles eben eine Frage der Ehre, wenn man in einem Hilux verbaut wurde.
Wie fährt denn so ein Auto jetzt, mit vermeintlich altertümlicher Fahrwerkstechnik? Er zieht gut los, ist nicht zu laut – aber natürlich bekommt man mit, dass da ein Verbrennungsmotor unter der Haube steckt. Der Verbrauch in unserem Alltag liegt bei etwa 9 Liter Diesel pro 100km, etwas über 1 Liter AdBlue sind alle 1000km zusätzlich fällig, um die Abgase sauber zu halten. Das Fahrwerk ist in der strafferen „Duty“-Abstimmung mitteilsam, was die Straßenoberflächenbeschaffenheit betrifft – das stört mich nicht im geringsten, man bleibt wenigstens wach. Also eigentlich ein Sicherheitsfeature, das keinen Aufpreis kostet! Noch dazu bewirkt die Abstimmung, dass sich das Gefährt ziemlich engagiert um Kurven jeglicher Radien fahren lässt.
Immer wieder überraschend: die Beweglichkeit im Verkehr, die überraschend leichte Parkbarkeit durch die gute Übersicht. Das Auto ist verhältnismässig schmal und passt dadurch in viele Parklücken – er kann halt mit seinen über fünf Metern Länge mal ein bissl drüberschauen, über die Abgrenzungen. Ja mei.
Er kann tatsächlich auch richtig was im Gelände! Natürlich der starr zuschaltbare Allradantrieb und die kurze Geländeübersetzung. Eine ziemlich gute Flexibiliät des Fahrwerks, dabei auch noch einen 100% Hinterachssperre. Ein bisserl Kritik: die elektrische Umschalterei funktioniert leider nicht immer 100%ig so schnell, wie man das gerne hätte. Und man kann nicht bei eingelegtem Gang in der Untersetzung ohne getretene Kupplung starten – das hat mir früher einige Male aus brenzligen Situationen geholfen. Vielleicht muss man vor extremen Offroad-Abenteuern da mal mit Klebeband den entsprechenden Schalter, wie sagt man da, modifzieren.
Für mich super-angenehm: das Originalradio ohne irgendwelchen „Touch“-Mist, wo man erst in 12 Untermenüs irgendwas findet und so lange ohne Strassenaufmerksamkeit dahinrollt. Radio, USB-Anschluss, Bluetooth-Verbindung – mehr braucht man doch nicht, oder?
Ich könnte noch einige Zeit weitermachen, will aber keinesfalls hier im Blog einen Beitrag mit über 1000 Worten haben. Darum: wer immer schon mal mit einem Pickup geliebäugelt hat – jetzt ist das richtige Auto, passend in Sachen Fahrleistung zur aktuellen Stimmungslage, da! Gebt dem Hilux die Ehre und probiert ihn einfach mal aus. Aber Vorsicht: er ist soooo cool, Män!